Westbahn – Marodes Unternehmen, marode Werbung
Für den 1. Jänner dachte sich die Werbeabteilung der Westbahn Werbung könnte nicht schaden. Tut sie aber, jedenfalls diese Art von Werbung (Kurier, 1.1.2015, achtseitige Beilage).
„Eines ist sicher, die Eisenbahn muss auf die Schiene“, heisst es da. Drum fährt die Westbahn auch auf allen Strecken ausser Wien-Salzburg mit dem Bus.
Das Konzept ist „modern“, „Die Idee ist bestechend einfach – und dabei ungemein überzeugend“. Alles ist „ergonomisch“, „unkompliziert“, „innovativ und überzeugend“, blabla. Das ganze Neusprech, bei dem ein Ekelgefühl vorprogrammiert ist.
Trotz dieses ergonomisch-modernen-usw. Konzepts bleiben die Fahrgastzahlen weit hinter den Erwartungen zurück. Das Defizit lässt grüßen.
Und der Westbus erst: „Er ist eine ideale Ergänzung zu den Strecken, die man mit dem Zug zurücklegen kann, nimmt er doch die Fahrt zu attraktiven Städten auf, die nicht immer zufriedenstellend mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind.“ Das steht dort wirklich so. Und dann wird aufgezählt, was nicht zufriedenstellend mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann: Wien (!!!), Klagenfurt (!), Graz (!!!), wohin die tschechische Bahn seit heuer siebenmal am Tag von Prag direkt fährt), Budweis und Prag (!!!!!).
Offensichtlich betrachtet sich die Westbahn nicht als öffentliches Verkehrsmittel. Auch recht.
Neu ist eine angebliche direkte Verbindung Wien-Salzburg-München, die sich umgehend als Umsteigeverbindung in Salzburg entpuppt. Nur fünf Minuten umsteigen, so praktisch. Blöd ist dabei nur, dass man dafür eine weitere Fahrkarte benötigt, und die verkauft die Westbahn nicht. Tatsächlich – eine vermeintliche Kooperation, die keine gemeinsamen Fahrkartenverkauf beinhaltet. Modern und unkompliziert. Die Info darüber ist so klein gedruckt, dass die Lupe zu versagen droht.
Übrigens, weil eh nicht alles voll ist, kann man um 12€ Pauschalpreis den Nachbarsitzplatz auch gleich mit Beschlag belegen. Nicht gerade billig, was bei den ÖBB gratis ist.
Das Tarifchaos wuchert munter weiter, da blickt keiner mehr durch. Tarife nach Tagen und Wochenzeiten, Kilometern, Alter, Haustarif und Trafikfahrkarten, Onlineaktionen usw. usf. Dafür ist offensichtlich ein ganzer Generalstab an Innovatoren nötig.
Drei Personengruppen sollten die Westbahn von vorneherein meiden: Solche die vom Westbahnhof nach Hütteldorf fahren, denn das kostet satte 3€ (ein Verbundfahrschein in Wien kostet 2,40€ und damit kann die ÖBB benutzt werden).
Die zweite Gruppe sind die RadfahrerInnen, weil die ohne Reservierung statt 5€ gleich 10€ im Zug zahlen müssen, obwohl es am Bahnhof keinen Fahrkartenverkauf gibt.
Und die Dritten sind jene, die wirklich nach München möchten. Die Westbahn empfiehlt nämlich, die Anschlussfahrkarte an Salzburg auf der Homepage der Deutschen Bahn zu kaufen. Dort gibt es aber auch die Fahrkarten für alle Züge von Wien nach München, ganz ohne Umsteigen. Wer das nicht schafft, will oder kann, der kauft halt Wien-München am ÖBB-Fahrkartenschalter – unkompliziert, eine bewährte Innovation des 19. Jahrhunderts.
Zum Abschluss noch eine Kleinigkeit, eine Empfehlung: Der Slogan
„WESTbahn Nr. 1 im europäischen Fernverkehr“
reizt höchstens zum Lachen.